Ausstellung „gesichtslos – Frauen in der Prostitution“ an der KS GD
An der Kaufmännischen Schule Schwäbisch Gmünd ist seit
Jahresbeginn eine Ausstellung der diakonischen Beratungsstelle Amalie Mannheim zu
sehen. Sie ist konzipiert und erstellt in Zusammenarbeit mit den
Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim. Frau Kiel-Martin und Frau Ramos haben sich um
diese Ausstellung bemüht, in welcher die Schülerinnen und Schüler der KSGD,
Texte, Fotos und Filme besichtigen können, die Bewegen und zum Nachdenken
anregen.
Die Ausstellung „gesichtslos Frauen in der Prostitution“ widmet sich einem
gesellschaftlichen Tabuthema: Frauen in der Prostitution. Sie sind täglich
damit konfrontiert, ihre wahre Identität zu verbergen. In der Gesellschaft
verstecken sie ihr Gesicht, träumen „gesichtslos“ von einem anderen Leben.
Ausgehend von Erfahrungsberichten betroffener Frauen zeigt die Ausstellung 40
Schwarz-Weiß-Fotografien des Fotografen Hyp Yerlikaya. Er begleitete die Frauen
von Amalie zwei Jahre lang mit der Kamera. Mit dem Mittel der Inszenierung sind
eindrucksvolle Bilder entstanden, die das „gesichtslose“ Dasein dieser Frauen
innerhalb unserer Gesellschaft widerspiegeln. Die Anonymität und der Schutz der
Abgebildeten werden durch das Tragen weißer Masken gewahrt. In den Ausstellungstexten
kommen sie selbst zu Wort und berichten von ihren Erfahrungen, Ängsten, Sorgen,
aber auch Träumen und Hoffnungen.
Prostitution stellt immer noch ein gesellschaftliches
Tabuthema dar. Obwohl bereits 2002 die Sittenwidrigkeit der Prostitution
abgeschafft und 2017 das deutsche Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten
ist, führt die Mehrheit der Frauen ein Leben abseits der sozialen Wahrnehmung.
Die gesellschaftliche Sichtbarmachung und die Anregung eines öffentlichen
Diskurses über die oftmals prekären Lebens- und Arbeitswelten von
Prostituierten in Deutschland sind Anliegen dieses Projektes. Viele Frauen in
der Prostitution träumen von einem besseren Leben und davon, ihr bisheriges
hinter sich zulassen. Die Ausstellung basiert auf Erfahrungsberichten von
Frauen, die in der Prostitution arbeiten. Oft haben sie ihre Heimatländer
verlassen, um der dortigen Perspektivlosigkeit zu entkommen und in Deutschland
eine neue Existenz unter besseren Bedingungen anzufangen. Doch die Wirklichkeit
sieht anders aus: Ihr Leben und auch ihre Tätigkeit finden abseits der
Gesellschaft und unter prekären Umständen statt.
Die Öffentlichkeit hat oft einen voyeuristischen Blick auf
Prostitution, wobei die verborgenen Parallelwelten und die damit verbundenen
Belastungen unsichtbar bleiben. Viele Frauen leiden besonders darunter, dass
sie ihre Tätigkeit und sprichwörtlich ihr Gesicht verbergen müssen. Hieraus
entstand bei der Mannheimer Beratungsstelle Amalie die Idee, eine
Fotoausstellung zu gestalten, die diesen Zwiespalt und das zerrissene Leben der
Frauen aufzeigt.
Grundlage
für die Fotoausstellung sind aufgezeichnete Interviews von Frauen, die in der
Prostitution arbeiten oder bereits ausgestiegen sind. Sie erzählen von ihren
Ängsten, ihrem Alltag und ihren Sehnsüchten. Gerade, weil diese Frauen ständig
mit Diskriminierung und Ächtung der Gesellschaft rechnen müssen, wurden bei der
Umsetzung der fotografischen Gestaltung Masken verwendet, um die Anonymität der
insgesamt zehn dargestellten Frauen zu wahren. Der Fotograf Hyp Yerlikaya hat
sie von 2019 bis 2021 begleitet. Insgesamt entstanden 1800 Fotos, aus denen 40
Arbeiten erstmals in der Ausstellung zu sehen sein werden. Es handelt sich
nicht um klassische Dokumentarfotografie. Jene Aufnahmen, deren Bildinhalte die
Grenzen des Zeigbaren oder Aussprechbaren erreichen und sich einer
fotojournalistischen Dokumentation entziehen, greifen bewusst auf das
darstellerische Mittel der Inszenierung zurück. Begleitende
Text-Dokumentationen klären in der Ausstellung über das Thema „Prostitution“
auf, bieten Fakten und Informationen zur Einordnung und erzählen die
anonymisierten biographischen Geschichten der Frauen. Das kuratorische
Gesamtkonzept ist darauf ausgerichtet, dem Betrachter zu helfen, das Gezeigte
einzuordnen und zu verstehen.